FAQ - ES IST FÜNF NACH ZWÖLF

Gehen mit einer Trennung von Netz und Betrieb nicht wertvolle Synergieeffekte verloren?

Auf dieser Seite stellen und beantworten wir knapp und bündig die entscheidenden Fragen zur Bahnreform 2.0.

Warum benötigen wir dringend eine Bahnreform 2.0?

Der DB-Konzern befindet sich nicht erst seit der Corona-Pandemie in einer wirtschaftlich prekären Situation: Seit der Privatisierung der Bahn hat der Wildwuchs im Handeln der Bahnvorstände einen neuen Schuldenberg null im Jahr 1994 auf heute über 30 Milliarden Euro anwachsen lassen. Aber das ist noch nicht alles! In dieser Zeit sind auch notwendige bestandserhaltende Maßnahmen für das Eisenbahnnetz ausgeblieben oder sogar umgekehrt worden – etwa mit der Schließung von Bahnstellen, dem Abbau von Überholgleisen, der prekären Vernachlässigung der Infrastruktur sowie der über 1.000 Brücken. So ist es dem Bahnvorstand gelungen, einen fast nicht aufzuholenden Finanzierungsstau über Jahre hinweg vor sich herzuschieben. Die Bahn ist politisch durchsetzt und lebt davon, dass sie immer dann, wenn das Geld mehr als knapp wird, vom Staat die nötige Unterstützung erhält. Prominentestes Beispiel hierfür sind die letzten beiden Eigenkapitalerhöhungen in Höhe von insgesamt rund 7,5 Milliarden Euro. Dieses desaströse System verhindert eine echte Verkehrswende, die wir im Hinblick auf die zu erreichenden Klimaziele mehr denn je brauchen.

Um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein, muss im Bahnverkehr dringend effizienter gewirtschaftet und effizienter mit dem Schienennetz umgegangen werden. Hierfür ist eine Trennung von Netz und Betrieb die einzige Lösung. Die Infrastrukturgesellschaften (insbesondere DB Netz AG, DB Station & Service AG, DB Energie GmbH und DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH) müssen in einer eigenen Gesellschaft ohne Ergebnisabführung und Kontrahierungszwang gegenüber anderen Gesellschaften der gegenwärtigen DB AG zusammengeführt werden.

Fazit: Die DB AG verhindert in ihrer jetzigen Struktur eine echte Verkehrswende.

Würde eine zweite Bahnreform nicht die dringend nötige Verkehrswende verzögern oder gar gefährden?

Gegner einer Bahnreform II behaupten, dass eine Trennung von Netz und Betrieb die Eisenbahnbranche und die Realisierung zentraler Projekte auf Jahre lähmen, Ressourcen binden und somit die Zukunft der Eisenbahn als ökologischste aller Verkehrsmittel gefährden würde. Diese Behauptung ist falsch, vielmehr ist es die jahrzehntelange Fehlentwicklung des DB-Konzerns, die eine Verdopplung der Fahrgastzahlen, die Implementierung des Deutschlandtakts, den Aus-, Neu- oder Umbau von Gleisen und Bahnhöfen oder auch die Umrüstung auf ECTS verhindert. Finanzierungen des Bundes müssen künftig überwacht und ausschließlich in die Erneuerung der Infrastruktur fließen. Die weltweiten Einkaufstouren eines Bahnvorstandes müssen vom Eigner selbst durch flankierende Maßnahmen unterbunden werden. Die Steuergelder der Bürger müssen wieder in einen effizienten Verkehr auf der deutschen Schiene investiert werden. Ausschließlich mit einer Strukturreform kann langfristig ein erfolgreiches, zukunftsfähiges Bahnsystem entstehen.

Fazit: Die zentralen Eisenbahnprojekte sind ohne eine zweite Bahnreform nicht realisierbar!

Welche Vorteile bringt eine Trennung von Netz und Betrieb mit sich?

Die DB AG verfolgt mit ihrer derzeitigen integrierten Konzernstruktur das Ziel, ihren Gesamtgewinn über alle zugehörigen Unternehmen zu maximieren. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass beispielsweise Gewinne der DB Netz nicht in den Aus-, Neu- oder Umbau der Infrastruktur fließen, sondern dafür eingesetzt werden, die Verluste von DB Cargo auszugleichen oder eisenbahnfremde Auslandsprojekte zu finanzieren. Zudem ist es denkbar, dass DB Netz ihren verbundenen Verkehrsunternehmen einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern ermöglicht, etwa indem sie die eigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) gegenüber dritten EVU bei der Vergabe von Kapazitäten zur Trassennutzung oder zur Nutzung von Serviceeinrichtungen bevorzugt.

Mit der Schaffung eines eigenständigen, unabhängigen und am Gemeinwohl ausgerichteten Bundesinfrastrukturunternehmen gehört diese Intransparenz der Gewinnabführung der Vergangenheit an. Gewinne des Infrastrukturunternehmens kommen allein dem Aus-, Neu- oder Umbau der Gleise zugute und ein fairer Wettbewerb auf der Schiene wird ermöglicht. Diese Rahmenbedingungen bringen mehr Verkehr auf die Schiene, fördern Innovationen, steigern die Angebotsqualität und senken schlussendlich auch die Fahrpreise. Als Beispiele für eine solch gelungene Strukturreform sind die Deutsche Post und Telekom zu nennen.

Fazit: Eine Trennung von Netz und Betrieb schafft Transparenz, stoppt die Gewinnabführung und ermöglicht einen fairen Wettbewerb!

Welche Reformmodelle sind für eine nachhaltige Trennung von Netz und Betrieb möglich?

Insgesamt kommen drei Modelle für eine Strukturreform des DB-Konzerns in Frage, wobei wir als GDL Modell 1 klar favorisieren, da es die größte Transparenz im System schafft.

  • Modell 1: Hier werden DB Netz, Station und Service und DB Energie vollständig abgetrennt von der DB AG und in eine GmbH überführt. Eine Satzung regelt die Ziele der Gesellschaft. Das übergeordnete Ziel ist, die Verkehrsnachfrage bei steigender Qualität und stabiler Sicherheit zu steigern.
  • Modell 2: Oberhalb der heutigen DB AG wird eine neue Holding ohne weitere Funktion und ohne operatives Geschäft geschaffen. Darunter werden zwei Zwischenholdings gebildet, einmal die Infrastrukturgesellschaft – ohne operative Funktion – und einmal die heutige DB AG für alle weiteren Aktivitäten.
  • Modell 3: Bei dieser Variante wird die Verbindung zwischen den Infrastrukturgesellschaften und dem Konzern weitgehend gelockert, sie bleibt aber dennoch bestehen. Für eine klarere Abgrenzung zu den anderen Gesellschaften wird eine Zwischenholding für DB Netz, DB Station und Service und DB Energie geschaffen. Außerdem sind die Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge gegenüber der DB AG aufzulösen.

Bei allen 3 Modellen gilt es jedoch, die Gesellschaften zu veräußern, die überwiegend Drittgeschäfte durchführen und nichts zum Eisenbahnsystem in Deutschland beitragen, zu veräußern.

Müssen die Eisenbahner bei einer Trennung von Netz und Betrieb um ihre Arbeitsplätze fürchten?

Die Behauptung, eine Trennung von Netz und Betrieb, gefährde die Arbeitsplätze der Eisenbahner, ist unnötige Angstmacherei! Erst vor kurzem hat eine Studie des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung wieder einmal dargelegt, dass die Jobs im Eisenbahnsektor selbst in Krisenzeiten, wie der aktuellen Coronapandemie, absolut sicher sind! In den nächsten zehn Jahren erwarten die Unternehmen, die in den zentralen Bereichen des Eisenbahnsystems tätig sind, einen deutlichen Beschäftigungsanstieg. Dieser wird von einer Trennung von Netz und Betrieb sicherlich nicht gefährdet. Eine Strukturreform wirkt sich lediglich auf den aufgeblähten Wasserkopf, sprich das obere Management aus, da mit ihr endlich doppelte Management-Strukturen abgeschafft werden. Die Jobs der Beschäftigten im direkten Bereich sind jedoch dadurch nicht gefährdet, da sie auch in Zukunft für den reibungslosen Betrieb unseres Eisenbahnsystems unabdingbar sind.

Fazit: Die Jobs der Eisenbahner bleiben sicher!

Wie könnte sich die Wahlbetriebsstruktur durch die Bahnreform verändern?

Die Wahlbetriebsstrukturen werden durch Verhandlungen der Betriebsverfassungsrechtlichen Tarifverträge (BetrVTV) festgelegt. Die GDL wird sich, genau wie in der Vergangenheit, dafür einsetzen, dass bei einer Aufspaltung nach Modell 1 die Wahlbetriebe erhalten bleiben und den Mitarbeitern dort Betriebsräte mit Rat und Tat zur Seite stehen. Je nach Modell wird es einen Gesamtbetriebsrat und gegebenenfalls auch einen Konzernbetriebsrat geben. Damit ist auch klar, dass eine Aushöhlung der Mitbestimmung, wie immer wieder behauptet, nicht stattfindet.

Fazit: Die Wahlbetriebe bleiben mit der GDL erhalten!

Gefährdet eine Trennung von Netz und Betrieb die Tarifpolitik?

Nein, die GDL wird nach wie vor Tarifverträge für ihre Mitglieder aushandeln und dafür kämpfen, dass diese angewendet werden. Zudem sind mit dem Tarifvertrag Personalübergang (TV PÜ) oder beispielsweise auch anhand von Haustarifverträgen mit den SBB-Unternehmen in Deutschland schon heute auf vielfältige Weise Beschäftigungssicherung und auch Unternehmenswechsel gewährleistet, die mit einem Leistungssicherungs-Tarifvertrag sogar konzernübergreifend realisiert werden könnten. Für ein bundeseigenes, unabhängiges Schieneninfrastrukturunternehmen wären solche Möglichkeiten ebenfalls leicht auf Basis von Tarifverträgen realisierbar, zumal der Bund ein besonderes Interesse an einer geeigneten Transfer- und Beschäftigungssicherung sowie am Unternehmenswechsel im Eisenbahnsystem haben dürfte.

Weiter kämpfen wir als GDL derzeit für die Einführung eines Eisenbahn-Flächentarifvertrags. Dieser soll für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Deutschland gelten. Hierin sollen grundsätzliche, tarifliche Regelungen festgelegt werden, wie etwa jeweils vereinbarte Entgelterhöhungen und Einmalzahlungen, Referenzarbeitszeit 18 Stunden pro Woche, Grundsätze der Arbeitszeitanrechnung und -verteilung. Demnach müssen unsere Mitglieder bei der DB AG im Falle einer Trennung von Netz und Betrieb keine einschneidenden Veränderungen hinsichtlich ihrer Arbeits- und Entgeltbedingungen befürchten.

Fazit: Tarifpolitik mit Vernunft, Augenmaß und der Kraft unserer Mitglieder wird nicht gefährdet!

Ist die Arbeitsplatzsicherung auch ohne einen konzernweiten Arbeitsmarkt möglich?

Einige Stimmen behaupten, dass eine Trennung von Netz und Betrieb für Unruhe unter den Beschäftigten der Deutschen Bahn sorgen würde, da man den konzernweiten Arbeitsmarkt zerstören und somit die Beschäftigungssicherung nicht mehr garantieren könne. Dies stimmt aber nicht! Die Beschäftigungssicherung lässt sich leicht durch Tarifvertragsregelungen wiederherstellen: Die GDL und die einzelnen Unternehmen (z.B. DB Regio und DB Netz) können tarifautonom und vertraglich festlegen, dass ein Mitarbeiter von DB Regio, dessen Arbeitsplatz aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen oder Leistungsverlust wegfällt, einen neuen Arbeitsplatz bei DB Netz angeboten bekommen muss oder umgekehrt, soweit dieser vorhanden ist. Anderenfalls würden die Arbeitnehmer einem Vermittlungssystem zugeführt werden, das sich ebenfalls tarifvertraglich aufbauen lässt. Dass dies möglich ist, zeigt unter anderem unser „Tarifvertrag Personalübergang“ (TV PÜ), den wir bereits mit rund 30 Unternehmen erfolgreich abgeschlossen haben. Größte Angst der beschäftigten Lokomotivführer und Zugbegleiter, aber auch aller anderen direkt im Wettbewerb stehenden Beschäftigtengruppen, ist es, nicht mehr am selben Standort beschäftigt werden zu können oder bei dem neuen Betreiber nur zu schlechteren Tarif- und Beschäftigungsbedingungen eingestellt zu werden. Der TV-PÜ sorgt dafür, dass der neue Betreiber dem Beschäftigten ein Arbeitsangebot machen muss – und zwar zu vergleichbaren Arbeitsbedingungen im Entgelt, Urlaub, Arbeitszeitregelungen etc.

Welchen Vorteil hätte die Einführung eines Infrastrukturfonds?

Der Infrastrukturausbau im Schienensektor ist eine ausgesprochen langfristige Angelegenheit. Durch einen Infrastrukturfonds wäre die Finanzierung des Schienenausbaus langfristig gesichert und nicht der jeweiligen politischen Meinung im Bundestag mit kurzfristigem Haushaltsdenken unterworfen. Dadurch können Bau- und Planungskapazitäten langfristig hochgefahren und Personal dauerhaft angeworben werden.

Fazit: Ein Infrastrukturfonds schafft Planungssicherheit beim langfristigen Ausbau!

Zeigt das Beispiel aus Frankreich nicht, dass eine Trennung von Netz und Betrieb der falsche Weg ist? Sollte man nicht wie das Erfolgsmodell Schweiz am integrierten Konzern festhalten?

Grundsätzlich kann man die Strukturreformen anderer Länder nicht als Maßstab für das deutsche Eisenbahnsystem nehmen, da die Bedingungen von Land zu Land stark unterschiedlich sind, sodass sich hier keine direkten Vergleiche herstellen lassen. So kann das französische Modell nicht als brauchbarer Vergleich herangezogen werden, da man hier nur eine teilweise, unechte Trennung von Netz und Betrieb vollzogen hat, bei der sich auch noch Kompetenzen der neuen Infrastrukturbetreiberin und der alten Staatsbahn überschnitten haben. Zudem verfolgte man mit der Trennung primär die Entschuldung der französischen Staatsbahn. Die Gründe für eine Strukturreform bei der DB AG sind allerdings vielfältiger: Der Konzern soll nicht nur entschuldet werden, es sollen vor allem auch die politisch gesetzten Ziele für die Schiene realisiert werden.

Neben Frankreich und Großbritannien gibt es auch Beispiele für eine erfolgreiche Trennung von Netz und Betrieb. So hat Schweden beispielsweise ein gelungenes Bahnsystem und auch Italien macht einiges richtig, vor allem im Fernverkehr.

Fazit: Die Strukturreformen der Länder sind nicht miteinander vergleichbar!

Gehen mit einer Trennung von Netz und Betrieb nicht wertvolle Synergieeffekte verloren?

Der „Systemverbund Eisenbahn“ soll durch eine Aufspaltung nicht geschwächt, sondern erweitert und gestärkt werden. Die Mitarbeiter eines bundeseigenen Infrastrukturunternehmens müssten Maßnahmen nicht mehr unter dem chronischen Sparzwang des heutigen integrierten DB-Konzerns unter teils systemfremden Voraussetzungen umsetzen. Die Kommunikation zwischen Eiseninfrastrukturunternehmen und EVU wäre einfacher, direkter und schneller möglich.

Weiter ist zu bedenken, dass mit der derzeitigen Struktur eine Diskriminierung der Wettbewerbsbahnen im Hinblick auf die Netznutzung nicht ausgeschlossen werden kann. Hier muss sich der Bund in der Verantwortung sehen, allen EVU einen gleichberechtigten Zugang zum Netz zu gewähren. Dies gelingt ihm jedoch nur, wenn er stärkeren Einfluss auf die Infrastrukturgesellschaft hat und diese konsequent überwachen kann.

Fazit: Synergieeffekte gehen mit einer Trennung nicht verloren, sondern werden vielmehr gestärkt!

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