Aus der Geschichte unserer Ortsgruppe

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, Ortsgruppe 366 (Aue), hatte für Sonntag abend zu ihrem 25jährigen S t i f t u n g s f e s t eingeladen. Im festlich geschmückten Saal des Blauen Engels hatten sich die Kollegen mit ihren Angehörigen und zahlreichen Gästen eingefunden. Von der Bühne grüßte die Vereinsfahne, die die Frauen der Mitglieder der Ortsgruppe gestiftet haben. In frischem Grün stand das Symbol der Lokführer, die Lokomotive. Seitwärts schmückten die Fahnen schwarzweißrot und grünweiß die Bühne. Die reichhaltige Vortragsfolge wurde durch Mitglieder der Stadtkapelle unter Leitung von Stadtkapellmeister D r e c h s e l mit dem Marsch „Deutschlands Waffenehre“ von Blankenburg eröffnet. Die vorzüglichen Darbietungen der Stadtkapelle wurden durch Vorträge des Männerquartetts vom „L i e d e r h a i n“ unterbrochen. Die Herren Gebr. K ö r n e r, M i c h e l und I r m i s c h, die über prächtige Stimmen verfügten, boten zunächst „Frühlingsglaube“ von Tschirsch und „Das Ringlein“ von W. Nagel. Herr Seidel, Mitglied der Stadtkapelle, stellte sein vorzügliches Können in zwei Solostücken für Violincello unter Beweis. In einem Solo für Tenor „Was ist Wein“ zeigte Hr. Emil Michel (Liederhain) seine Kunst. Frl. Merkel erfreute die Besucher durch einen gutgesprochenen Prolog.
Im Mittelpunkt der Jubelfeier stand die Begrüßung durch den Ortsvorsitzenden Kurt M e r k e l. Außer zahlreichen Kollegen und Gästen konnte er Reichsbahnrat N e c h n u t y s, die Dienststellenleiter der Bahnhofs Aue, die Presse, Bahnarzt Dr. M ü l l e r und Bezirksvorsteher G o t t s c h a l t = Dresden begrüßen. Hierauf gab der Vorsitzende einen Rückblick auf die G e s c h i c h t e d e r O r t s g r u p p e Aue. Am 23. Februar 1908 wurde die Ortsgruppe im damaligen „Stadtkeller“ des Stadthauses gegründet. 25 Mann nahmen an der Gründung teil. Zum 1. Vorsitzenden wählte mann Hrn. Förster, der das Amt bis zum Jahre 1912 inne hatte. Dann übernahm Hr.Schmidt die Führung, von der er im Jahre 1915 durch Hrn. Hermann F r ö b e l abgelöst wurde. Nach zwei Jahren übernahm Hr. Schmidt die Leitung der Geschäfte nochmals auf zwei Jahre, um hierauf die Geschäfte wieder in die Hände des Hrn. Fröbel zu legen. Am Jahresschluß 1930 übergab dieser, nachdem er 23 Jahre lang im Vorstand ( zum Teil als 2. Vorsitzender) der Ortsgruppe gewirkt hatte, die Geschäfte dem derzeitigen Vorsteher. Aber nicht nur von der Geschichte der Ortsgruppe berichtete Hr. Merkel, er gab auch über die Einrichtungen der Gewerkschaft Aufklärung. Vor 60 Jahren wurde die Gewerkschaft mit etwa 800 Mitgliedern gegründet. Den Anlaß zur Gründung gab der verantwortungsvolle Dienst des Lokomotivführers. Der Lokführer, der während des Dienstes auf sich selbst angewiesen ist, kann zu seiner Belehrung keinen Vorgesetzten um Rat fragen. Er trägt allein die Verantwortung. Das erfordert, daß sich die Lokomotivführer in einer Gewerkschaft zusammenschlossen, um auf diese Weise ihre Kenntnisse zu erweitern. Auch für die Gesundheit der Lokführer wurde gesorgt, indem ein Erholungsheim in Hannover-Münden errichtet wurde. Das Heim wurde mit allen Einrichtungen während der Kriegsjahre dem Deutschen Heere als Lazarett zur Verfügung gestellt. Während des Ruhrkampfes gewährte die Gewerkschaft den Ausgewiesenen Aufnahme in ihrem Heim. Heute zählt die Gewerkschaft 70 000 Mitglieder, der Bezirk etwa 4 500 und die Ortsgruppe 93. Zum Schluß seiner Ausführungen, die mit reichem Beifall aufgenommen wurden, wies der Vorsitzende auf die sozialen Einrichtungen der Gewerkschaft hin. Mit Stolz kann der Lokomotivführer auf seine Organisation und ihre Verdienste gegenüber den Mitgliedern, gegenüber der Reichsbahn und gegenüber dem Vaterland zurückblicken. Ehrend gedachte man durch Erheben von den Plätzen der im Weltkrieg Gefallenen und der verstorbenen Kollegen.
Bezirksvorsteher G o t t s c h a l t – Dresden übermittelte neben seinen persönlichen Grüßen die Grüße des Bezirksverbandes. Er würdigte besonders die Verdienste der vier Vorsitzenden, welche die Geschäfte der Ortsgruppe während der vergangenen 25 Jahre leiteten. Dankesworte richtete er an die Mitglieder, an die Dienststellenvorstände und besonders an Reichsbahnrat Nechnutys, der, wenn er auch nicht zur Gewerkschaft gehört, als ein rühriger Mitarbeiter gelten kann. Hierauf folgte die Overtüre „Leichte Cavallerie“ von F. v. Suppé, der sich ein Solo für Bariton „Drei Wanderer“ von H. Hermann, gesungen von Hrn. Erich Körner (Liederhain), anschloß. Auch er stellte in diesem Vortrag sein persönliches Können unter Beweis. Ihn, wie auch Hrn. Michel begleitete Lehrer L u l e i c h ansprechend am Klavier. Das Quartett sang noch zwei Lieder mit Klavierbegleitung. Mit dem Marsch „Alte Kameraden“ von C. Teike beendete die Kapelle den Konzertteil. Für alle Darbietungen zollte das Publikum reichen Beifall.
Bei flotten Tanzweisen, die mehrmals durch Zithervorträge unterbrochen wurden, blieben alt und jung noch lange beisammen.    

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