Abgeltung von Mehrarbeit

Jahr für Jahr schieben die Kolleginnen und Kollegen Millionen von Mehrarbeitsstunden vor sich her und kein Ende ist in Sicht. Betrachtet man nun zusätzlich die Mehrarbeitsstunden, die ausgezahlt oder in den Langzeitkonten versenkt wurden, bekommt man unweigerlich Zweifel an einer soliden Personalplanung.

Wenn sich tarifbeschäftigte Kolleginnen und Kollegen Mehrarbeitsstunden auszahlen lassen, haben sie sicherlich ihre Gründe dafür, was an dieser Stelle auch nicht kritisiert wird. Bei den zugewiesenen Beamten hingegen stellt sich die finanzielle Abgeltung vorhandener Mehrarbeit als schwierig bis unmöglich dar, auch wenn sie einen nicht unerheblichen Anteil an dem Überstundenberg haben.

Beamtenrechtliche Mehrarbeit entscheidet

Spätestens jetzt muss zwischen tariflicher und beamtenrechtlicher Mehrarbeit unterschieden werden, da dies von besonderer Relevanz ist, denn ausschließlich beamtenrechtliche Mehrarbeit darf unter bestimmten Bedingungen finanziell abgegolten werden.

Tarifliche Mehrarbeit entsteht in der Regel erst, wenn über 2 036 Stunden/Jahr Dienst geleistet wurde, was einer 39-Stunden-Woche entspricht. Beamtenrechtliche Mehrarbeit entsteht jedoch erst ab 2 140 Stunden/Jahr, mithin die gesetzliche Jahresarbeitszeit der zugewiesenen Beamten. Allerdings wird im Rahmen der Harmonisierung zweier Statusgruppen innerhalb eines Betriebes in der Regel nur die tarifliche Arbeitszeit (2 036 Stunden/Jahr) von den zugewiesenen Beamten abgefor-
dert, ohne dass die Besoldung gekürzt wird.

Bei Überschreitung Freizeitausgleich

Im Klartext bedeutet dies, dass das Delta von 104 Stunden zwischen der tariflichen Jahresarbeitszeit und der für die zugewiesenen Beamten maßgeblichen gesetzlichen Jahresarbeitszeit bereits durch die Besoldung abgegolten ist.

Überschreitet der zugewiesene Beamte im Abrechnungszeitraum die tarifliche Jahresarbeitszeit, ist diese Zeit grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen, eine Abgeltung scheidet aus vorgenannten Gründen aus. Ist beamtenrechtliche Mehrarbeit vorhanden, ist diese innerhalb eines Jahres nach deren Entstehung ebenfalls durch Freizeit auszugleichen. Erst wenn dies aufgrund zwingender dienstlicher Gründe nicht möglich ist, kann diese auf Antrag finanziell abgegolten werden. Ob beamtenrechtliche Mehrarbeit vorhanden ist, ist dem Persönlichen Verwendungsnachweis (PVN) für den Monat Dezember des jeweiligen Abrechnungszeitraumes (Jahr) zu entnehmen.

Hinweis: Wird die gesetzliche Arbeitszeit (2 140 Stunden) innerhalb eines Jahres nicht erreicht, so werden die „Minderleistungsstunden“ mit vorhandener beamtenrechtlicher Mehrarbeit verrechnet. Das bedeutet nicht, dass Stunden gestrichen werden, es reduziert sich lediglich der mögliche Abgeltungsanspruch. In letzter Konsequenz kann und wird das dazu führen, dass zugewiesene Beamte durchaus über mehrere hundert Stunden tarifliche Mehrarbeit verfügen, und trotzdem nicht eine Stunde beamtenrechtliche Mehrarbeit erbracht haben.

Sind die Voraussetzungen für eine Abgeltung von beamtenrechtlicher Mehrarbeit gegeben, werden aktuell pro Stunde in den Besoldungsgruppen gewährt. Die Abgeltung von beamtenrechtlicher Mehrarbeit ist in jedem Fall antragsgebunden gewährt. Die Abgeltung von beamtenrechtlicher Mehrarbeit ist in jedem Fall antragsgebunden.

Folgen einer verfehlten Personalpolitik

Man sollte eigentlich annehmen, dass der Arbeitgeber weiß, wie sich die Altersstruktur seiner Beschäftigten darstellt, damit rechtzeitig Personal nachgesteuert werden kann. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass dies offensichtlich viele Jahre komplett ignoriert wurde. Wer die Ausbildung von Nachwuchskräften fast zum Erliegen gebracht hat, muss sich nicht wundern, dass plötzlich keine gut qualifizierten Nachwuchskräfte zum Auffüllen der frei gewordenen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Fakt ist, dass dies nicht in der Verantwortung der Gewerkschaften liegt, sondern vielmehr in der verfehlten Personalpolitik des DB-Konzerns.

Nur zögerlicher Abbau von Mehrarbeit

Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit, erholt sich das Ausbildungsgeschäft langsam wieder, sodass wir feststellen können, dass sich die Deutsche Bahn in puncto Ausbildung endlich wieder auf dem richtigen Weg befindet. Und dann ist da ja noch die Demografie, die für viele plötzlich und unerwartet über die Unternehmen hereingebrochen ist. Stichwort: Babyboomer-Generation! Es ist nicht so, dass es sich nicht angekündigt hat, aber totschweigen hat noch nie zu einem ausgeglichenen Personalbestand geführt. Da hilft die derzeitige Einstellungsoffensive des Arbeitgebers zunächst nur bedingt, was in letzter Konsequenz dazu führt, dass der Abbau der vorhandenen Mehrarbeit nur verhalten stattfinden wird.

Anordnung von Freistellungsphasen

Grundsätzlich soll das Arbeitszeitkonto der Beschäftigten, so sieht es die tarifvertragliche Regelung vor, am Ende des Abrechnungszeitraumes ausgeglichen sein. Das ist derzeit sicherlich mehr theoretisch und praxisfern, aber es kann trotz­ dem dazu führen, dass der Arbeitgeber innerhalb des Abrechnungszeitraumes Freistellungsphasen anordnet, wenn sich abzeichnet, dass es zu einer Anhäufung von Mehr­arbeit kommt.

Das ist nicht zu bemängeln, denn Mehrarbeit ist generell als zusätzliche Belastung der Kolleginnen und Kollegen an­ zusehen, weshalb zusammen­hängende Freistellungsphasen sinnvoll sind und einen Beitrag zur Regenerierung leisten.

GDL-Tarifverträge verhindern Zugriff

Wurde abweichend von der tarifvertraglichen Regelung in­nerhalb des Abrechnungszeit­raumes Mehrarbeit erbracht, so wird diese in den nächsten Abrechnungszeitraum übertra­gen und wirkt sich sollreduzie­rend aus. In den Betrieben, in denen die Tarifverträge der GDL zur Anwendung kommen, wird die geleistete Mehrarbeit in das Arbeitszeitkonto 1 über­ tragen und so dem Zugriff des Arbeitgebers entzogen. In den Betrieben, in denen die tarif­vertraglichen Regelungen einer anderen Gewerkschaft zur An­wendung kommen, hat der Ar­beitgeber weiterhin uneingeschränkten Zugriff.

Abbau von Mehrarbeit bei Krankheit

Erkrankt der Beschäftigte wäh­rend der Freistellungsphase, so gelten die Mehrarbeitsstunden als abgebaut. Begründet wur­ de dies von den Arbeitsgerich­ten damit, dass die Arbeitneh­mer lediglich von der Pflicht zur Arbeitrespektive der Verpflichtung zur Dienstausübung entbunden sind. Mithin trägt der Arbeitnehmer das alleinige Risiko, denn anders als beim Erholungsurlaub wird die Frei­stellungsphase zum Abbau von Mehrarbeit nicht unterbro­chen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitge­ber die Freistellungsphasen angeordnet hat oder der Be­schäftigte diese beantragt und genehmigt bekommen hat.

Tarifliche Mehrarbeit geht unter

Was aber ist, wenn keine Mög­ lichkeit mehr besteht, die tarif­liche Mehrarbeit während des aktiven Beamtenverhältnisses durch Freizeit auszugleichen, beispielsweise wegen plötzli­cher dauernder Dienstunfähig­ keit mit anschließender Zurru­hesetzung? In diesen Fällen, so bitter dies auch ist, wird die ta­rifliche Mehrarbeit untergehen, ohne dass der zugewiesene Beamte hierauf einen Rechts­ anspruch hat.

Wegen der Besonderheit hin­ sichtlich der abgeforderten Arbeitszeit ist bei einer Zurruhesetzung ausschließlich vorhandene beamtenrecht­ liche Mehrarbeit abzugelten. Bei einer geplanten Zurruhe­ setzung, also auf Antrag oder mit dem Erreichen der gesetz­lichen Altersgrenze, kann ent­ sprechend der vorhandenen Mehrarbeit, unabhängig da­ von, ob es sich dabei um tarif­liche oder beamtenrechtliche Mehrarbeit handelt, die Dienstausübungsverpflichtung in Abstimmung mit dem Arbeitgeber vorzeitig beendet werden. Dies trifft auch auf noch vorhandenen Erholungs­urlaub zu.

Rechtzeitig Freizeitausgleich wahrnehmen

Die GDL­-Personalräte empfeh­len daher den zugewiesenen Beamten, auch aufgrund des beachtlichen Altersdurch­ schnitts rechtzeitig ihre Mehr­ arbeit durch Freizeit auszugleichen, auch wenn sich dies schon seit Längerem schwierig gestaltet. Vielleicht hilft es schon, wenn keine oder nur wenige Mehrarbeitsstunden zu dem schon vorhandenen Kontingent hinzukommen.

E.P.

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