Zukunft der Berufe des Zugpersonals
Wir schauen immer nach vorn!
Der technologische Fortschritt verlangt viel von den Lokomotivführern und Zugbegleitern. Die GDL steht dabei an ihrer Seite für eine sichere Zukunft des Zugpersonals.
Das Eisenbahnsystem wird sich durch den technologischen Fortschritt weiter stark verändern. Die GDL hat Erneuerungen schon immer kritisch-konstruktiv begleitet und wird dies auch in Zukunft tun. GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky: „Das Eisenbahnsystem der Zukunft braucht gut ausgebildetes Zugpersonal. Unsere Mitglieder verfügen über einen hohen Sachverstand und fundiertes Wissen im Eisenbahnverkehr. Das ist die Basis für unser Handeln, denn dieses Wissen ist unverzichtbar zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung und damit der Zukunft der Schiene.“ Die GDL setzt sich darauf aufbauend zusammen mit Arbeitgebern, Herstellern, Verbänden, Politik und der Forschung für eine sichere Zukunft des Zugpersonals ein. Sie hat sich dazu ein fundiertes Netzwerk aufgebaut. Weselsky: „Wir werden gehört und können deshalb mitgestalten.“ Beispielsweise hat der FairnessPlan eine Realfahrtstudie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Luft und Raumfahrt in Auftrag gegeben. Untersucht werden sollen die Informationstiefe, der Informationsumfang und die Informationskanäle, die im Berufsalltag der Lokomotivführer in den verschiedenen Transportbereichen im realen Betrieb zum Tragen kommen.
Die GDL fordert hohe einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsstandards. Dazu gehören für Lokomotivführer beispielsweise einheitliche Ausbildungsrahmenpläne mit mindestens 1 250 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht, inklusive mindestens 40 praktischer Fahrschichten. Hinzu kommen mindestens 18 Unterrichtsstunden jährliche fachliche Weiterbildung in Theorie und Praxis. Die GDL fordert dabei eine unternehmensunabhängige Überprüfung der Einhaltung von Vorgaben aus der Triebfahrzeugführerscheinverordnung. Auch die Kommunikation zur Personal-, Fahrzeug- und Verkehrsdisposition mit den Leitstellen und Betriebszentralen muss entscheidend verbessert werden. Weselsky: „Nur dann steht man sich bei Störungen und anderen Ereignissen nicht gegenseitig im Weg, was für Sicherheit und Pünktlichkeit zwingend notwendig ist.“ Gute Qualifikation und gute Arbeit gehörten übrigens schon vor dem Zeitalter der Digitalisierung untrennbar zusammen. Außerdem werden zukünftig hohe Entgelte, Zulagen und zukunftsweisende Arbeits-zeitregelungen des Zugpersonals in direkter Abhängigkeit stehen. Einheitliche, hohe tarifliche Standards für das Zugpersonal sind deshalb eine der Hauptaufgaben der GDL. GDL-Bundesvorsitzender: „Ohne gute Ausbildung keine guten Löhne.“
Die Wege aus der Vergangenheit mit kurzen Ergänzungsausbildungen und Kurzeinweisungen reichen längst nicht mehr aus, um einen zuverlässigen Schienenverkehr zu garantieren. Der systemische Unterschied der Technologien ist dazu viel zu groß. GDL-Bundesvorsitzender: „Wer sich allein auf die Technik verlässt, der versteht die Zukunft der Schiene als ein Roboterspiel mit den Menschen als Laienschauspielern im Freizeitpark. Nur qualifizierte Eisenbahnfachkräfte können jedoch diese Technik beherrschen, überwachen und verstehen. Die Technik bleibt Untertan.“
Doch hier stehen die Wünsche der Arbeitgeber immer noch in Widerspruch zur Realität. Die DB versucht unter enormer Verschwendung von anderweitig dringend benötigten Finanzmitteln den Beruf des Lokomotivführers abzuschaffen. Dabei transportiert ein Lokomotivführer viele hunderte Fahrgäste oder tausende Tonnen Fracht alleine mit einem Zug. Das flächendeckende autonome Fahren der Züge wird auf dem heterogenen, deutschen Schienennetz noch lange keine Wirklichkeit. Vielmehr muss das gesamte Zugpersonal langfristig und nachhaltig aus- und weitergebildet werden. Stichwort: lebenslanges Lernen.
Ein wichtiger Baustein ist die duale Berufsausbildung und ihre Einbettung in die Kernberufe des Eisenbahnsystems. Aktuell arbeitet die GDL als Sozialpartner gemeinsam mit den Arbeitgebern an der Neuordnung der Berufsausbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst und Kaufmann für Verkehrsservice. Diese Berufe müssen an die künftigen beruflichen Anforderungen im Eisenbahnbetrieb und Technik, Sicherheit und Service sowie Digitalisierung angepasst werden. Weselsky: „Die jungen Menschen müssen wieder für die Berufe des Zugpersonals begeistert werden.“
Das Zugpersonal hat schon immer Veränderungen im Beruf erlebt. Es ist noch gar nicht so lange her, da hielt die Mikroelektronik Einzug in die Fahrzeugsteuerung und in die neue Zugbeeinflussung PZB90. Man sprach vom Drehstromantrieb, die Baureihe 120 der Bundesbahn machte es damals vor. Die IC fuhren mit bis zu 200 Stundenkilometern und Linienzugbeeinflussung, sogar Bahnübergänge wurden noch planmäßig mit 200 Stundenkilometern befahren. Die Reisezüge waren grundsätzlich mit gut ausgebildetem Zugpersonal besetzt, Stellwerke sämtlicher Bauarten und Baujahre regelten den Betrieb. Es gab viel mehr Güterverkehr, viele Betriebe hatten eigene Anschlüsse oder sogar eigene Werkbahnen. Eine damalige Schwachstelle war der nicht flächendeckende analoge Zugfunk, weshalb als Rückfallebene Signal- und andere Fernsprechstellen im gesamten Streckennetz vorhanden sein mussten. Heute fehlt es am Zugpersonal, an Güterverkehrsstellen und Ausweichgleisen und eine Rückfallebene bei technischen Störungen gibt es auch nicht.
In den kommenden Jahren müssen große finanzielle Mittel in ein nachhaltiges Schienennetz fließen. Bewährtes wird überarbeitet und erscheint in neuer Form wieder. Neue Technologien benötigen Fachleute, die sich in diesem Umfeld zurechtfinden. Die GDL wird diesen Wandel für das Zugpersonal konstruktiv begleiten. Für sie steht das Zugpersonal für Mobilität, Sicherheit und Service im Eisenbahnsystem. Zur zielgerichteten Ausbildung neuer Eisenbahnfachkräfte braucht es eine bessere Finanzierung. So fordert die GDL vom Bund, dass die Ausbildung für Lokomotivführer bezuschusst wird. „Das ist eine dringend nötige Investition in die Zukunft“, so der GDL-Bundesvorsitzende und weiter: „Einen Fahrgast in Unternehmensbekleidung wird die GDL niemals akzeptieren.“
Die GDL unterstützt in Zusammenarbeit mit der BBuK, dem FairnessPlan und FairnessBahnen Weiterbildung in vielfältiger Form. Lebenslanges Lernen bedeutet den technologischen und gesellschaftlichen Anforderungen im beruflichen und privaten Lebensbereich genügen zu können. Darauf kann sich ein zufriedenes Leben für die Zukunft aufbauen und entwickeln. „Wir schauen dabei immer nach vorn“, so Weselsky.
Ein hochtechnisierter Eisenbahnbetrieb der Zukunft hat auch auf unvorhersehbare Ereignisse und Unfälle eine qualifizierte Antwort zu geben. Die Policys der GDL für das „Berufsbild Lokomotivführer“ und „Berufsbild Zugbegleiter“ sind hier klare Wegweiser. Am Ende ist die Eisenbahn der Zukunft nur so gut wie ihre Mitarbeiter. Die Ausbildung der Lokomotivführer ist mit bundeseinheitlichen Normen durchzuführen und unabhängig zu prüfen und zu überwachen. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen reichen nicht aus. Es geht sogar so weit, das bewährte theoretische Ausbildungsmodule, die Dauer der Fahrausbildung und Praxisvorbereitung in einer Art und Weise gekürzt werden, dass es binnen kürzester Zeit zu teilweise gravierenden Fehlentscheidungen der Berufsanfänger kommen kann. Das ist nicht akzeptabel. Bei Notfalleinsätzen, Feuer im Zug, raschem Eingreifen bei Störungen und Durchsetzung der Hausordnung werden qualifizierte Kollegen des Zugpersonals benötigt. Dort ist Teamarbeit und höchste Fach- und Lösungskompetenz in allen Fragen der Zugfahrt notwendig. Ohne gute Aus- und Weiterbildung kommen die Lokomotivführer, Zugbegleiter und das gesamte Eisenbahnsystem an seine Grenzen.
Grundlage einer digitalen Zuglenkung wird das neue G5-Mobilnetz der Eisenbahninfrastruktur sein. Mit Hilfe dieses Telekommunikationssystems wird eine sichere und permanente Übertragung von großen Mengen Echtzeitdaten auch im Eisenbahnsystem möglich sein. So lassen sich die geforderten Streckenkapazitäten im Netz realisieren, unter anderem für einen Deutschlandtakt. Dazu kommt der Ausbau der Infrastruktur auf vielen vor allem hochbelasteten Hauptstrecken mit ETCS-Level 2, denn dieser ist eine Voraussetzung um einen teilautomatisierten Zugbetrieb zu realisieren. Dieser Standard nennt sich GoA 2 und bezeichnet den halbautomatischen Zugbetrieb mit einem ausgebildeten Lokomotivführer im Führerstand. Hier löst der Lokomotivführer den Start der Fahrt aus und betätigt beispielsweise die Türsteuerung weiterhin manuell. Die Fahrt selbst wird zwar bis zum nächsten Fahrplanhalt automatisch ausgeführt, muss jedoch weiterhin überwacht werden. Im Zweifelsfall muss der Lokomotivführer sofort eingreifen. Eine erste Erprobungsfahrt unter ETCS-Level 2 fand in diesem Jahr ohne Probleme in den Niederlanden statt. Sinn macht dieses komplexe System nur zur Sicherstellung einer hohen Streckenkapazität, für mehr Züge und ihre unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten. Der Mensch alleine ist dazu nicht mehr in der Lage. Dagegen sind die heutige „grüne Fahrplanfunktion“ und der „Leader“, die wie Assistenzsysteme aus der Dampflokzeit wirken, oft nervend und sinnlos. Der weitere Ausbau der Strecken mit ETCS Level 2, später Level 3 ist mit sehr hohen Kosten und Aufwand verbunden und wird sehr lange dauern. Das heißt, selbst wenn ein flächendeckender Ausbau des deutschen Schienennetzes mit ETCS zustande gekommen ist, gibt es einen sehr langen Übergang, bis vollautomatisierte Züge im Mischverkehr fahren können. Niemand kann eine genaue Prognose geben, aber es könnte um das Jahr 2050 soweit sein. Auch die genauen Anforderungen an künftige vollautomatisierte Arbeitsplätze kann zurzeit keiner benennen.
Die GDL wird diesen Prozess jedenfalls nachhaltig mitgestalten. Sie wird weiter für Maßnahmen zur Begleitung und Qualifizierung des Zugpersonals sorgen. Die GDL hat keine Angst vor der Zukunft, denn selbst die Systeme autonomer Züge müssen durch Lokomotivführer überwacht werden. Die GDL steht dabei an ihrer Seite.
M. M.
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