Ostdeutsche Instandhaltungsgesellschaft mbH
Tarifabschluss erzielt
18. Januar 2023, 23.15 Uhr in der „Mölle“, dem Sitz der ODEG in Berlin: Die Ostdeutsche Instandhaltungsgesellschaft mbH (ODIG) und die GDL bestätigen sich gegenseitig, einen Tarifabschluss in der fünften Runde erzielt zu haben. Die Tarifverhandlungen begannen am 25. August 2022. Das mag auf den ersten Blick lang erscheinen, aber vier Monate vom Auftakt bis zum Abschluss für einen komplett neuen Tarifvertrag – das ist wirklich schnell.
Bereits mit Laufzeitbeginn am 1. Januar 2023 treten bei der ODIG zahlreiche Verbesserungen in Kraft. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages endet am 31. Dezember 2024. Konkret beinhaltet der Abschluss die nachfolgend aufgeführten, wesentlichen Elemente.
Schaffung eines neuen Entgeltsystems
Erste Entgeltverbesserungen treten bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in Kraft. Zwar werden diese Verbesserungen zunächst gedeckelt, doch die Deckelung beziehungsweise Kappung wird bis Ende 2025 schrittweise aufgehoben. Die Deckelung liegt bei 2,5 Prozent des bisherigen Entgelts. Übersteigt das tarifvertragliche Entgelt das bisherige individuelle Entgelt um mehr als 2,5 Prozent, kommt es zunächst zur Zahlung des um 2,5 Prozent erhöhten Entgelts. Die neuen tariflichen Entgelte liegen nämlich teils im zweistelligen Prozentbereich über dem bisherigen Entgelt. Um keine Ungleichbehandlung zu erzeugen, wurde diese sogenannte Kappungsregelung vereinbart. Gekappte Beträge werden schrittweise gewährt. Am 1. Januar 2026 endet die Kappung.
Bildung von Bestandssicherungen
In einigen wenigen Fällen müssen auch Bestandssicherungen gebildet werden. Das ist dann der Fall, wenn das tarifliche Entgelt geringer ist als das bisherige Entgelt. Es besteht dann Anspruch auf eine Zulage bis zu dessen Höhe. Diese Zulage unterliegt einer sogenannten Abschmelzung. Wird eine höhere Entgeltstufe oder Entgeltgruppe erreicht, wird die Bestandssicherung um die Hälfte des erzielten Erhöhungsbetrages gekürzt. Da das bisherige, dreijährige Stufungssystem abgeschafft wurde, wurde dennoch vereinbart, dass Stufensprünge, die im alten System in diesem erfolgt wären, noch im Jahr 2023 gewährt werden. Sie werden aber mit Erhöhungen, die ein Arbeitnehmer aus dem tariflichen Entgelt erzielt, verrechnet.
Entgeltsystem
Das neue Entgeltsystem hat neun Entgeltgruppen und reicht von einfachen Hilfstätigkeiten bis zu verantwortungsvollen Fach- und Führungsaufgaben. Jede Entgeltgruppe hat sieben Stufen, die nach jeweils fünf Jahren erreicht werden. Maßgeblich für die Einstufung ist Berufserfahrung und nicht mehr die Betriebszugehörigkeit. Für die Einstufung ist die in Eisenbahnwerkstätten erworbene Berufserfahrung maßgeblich. Das im Tarifsprech als „Ecklohn“ bezeichnete Entgelt, die niedrigste Eingruppierung eines Facharbeiters, ist die Entgeltgruppe 2. Sie beginnt bei 2 701 Euro und endet bei 2 959 Euro. Sie liegt damit 95 Euro über der bisher vergleichbaren Vergütung. Bliebe es dabei, käme es für die lange Stufenlaufzeit (nun fünf statt drei Jahre) zu einer Verschlechterung. Im neuen System ist aber nicht nur eine horizontale Entwicklung möglich, also das Erreichen weiterer Entgeltstufen. Ein dickes Plus bringen auch die vertikalen Bewegungsmöglichkeiten, die durch ein Punktesystem realisiert werden. Punkte werden durch weitere Qualifizierungen und Spezialisierungen erreicht. Schon bei drei Punkten erfolgt die erste Höhergruppierung, dann mit acht, 13 und 19 Punkten. In der Entgeltgruppe 6, die mit 19 Punkten erreicht ist, beträgt das Entgelt 3 027 Euro, weit über dem bisherigen Maximalentgelt für Facharbeiter. Entgelterhöhungen, die sich aus dem Konzernrahmentarifvertrag für das Zugpersonal von NETINERA ergeben, werden auch bei der ODIG Anwendung finden. Das wird nicht mehr lange dauern. Zum 30. Juni 2023 endet der KoRa-ZugTV NETINERA.
Wahlmodelle für zusätzlichen Urlaub
Ab 1. Januar 2024 können drei Tage (ab 1. Januar 2025: drei oder sechs Tage) zusätzlicher Erholungsurlaub beansprucht werden. Das Entgelt wird dabei um circa 1,3 beziehungsweise um 2,6 Prozent reduziert. Die Arbeitnehmer, die im Jahr 2019 drei Tage zusätzlichen Urlaub gewählt haben, behalten diesen auch im Jahr 2023.
Arbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit wird zum 1. Januar 2025 ohne Reduzierung des Entgelts von 40 auf 39 Stunden abgesenkt. Deutliche Änderungen wurden beim Umgang mit Überzeit vereinbart. Diese werden zwangsweise nur noch ausnahmsweise (wenn mehr als 80 Überstunden im Jahr geleistet wurden) oder auf Wunsch des Arbeitnehmers ausgezahlt.
Das Zulagensystem
Der Nachtarbeitszeitraum wird auf 21 bis 6 Uhr (ab 1. Januar 2024: 20 bis 6 Uhr) ausgeweitet. Zulagen werden mit dem gültigen Marktniveau für das Zugpersonal synchronisiert, was zu einer Nachtarbeitszulage von aktuell 3,44 Euro führt. Die Sonntagszulage beträgt 5,82 und die Feiertagszulage 6,36 Euro. Die alte Schichtzulage (4,90 Euro je Schicht) wird abgeschafft und eine pauschalierte Erschwerniszulage in Höhe von drei Euro je Schicht eingeführt. Alle genannten Zulagen werden bei allgemeinen Entgelterhöhungen ebenfalls erhöht.
Gemeinsame Einrichtung
Auch die GDL-Mitglieder bei der ODIG werden künftig Anspruch auf Leistungen der Gemeinsamen Einrichtung (GE) FairnessBahnen haben. Welche das konkret sind, kann auf der Homepage der GE nachgelesen werden. Außerdem wird es einen Tarifvertrag für die Auszubildenden geben. Kaufmännische Arbeitnehmer erhalten ebenfalls tarifvertragliche Ansprüche. Dazu werden die Regelungen der ODEG übernommen und gegebenenfalls angepasst.
Inflationsausgleichsprämie
Erstmalig hat die GDL die Gewährung einer steuerfreien Inflationsausgleichsprämie für Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmer in Höhe von 800 Euro, zahlbar zum 1. Mai 2023, vereinbart. Sollte im Rahmen der Tarifverhandlungen zum KoRa-ZugTV NETINERA eine höhere Inflationsausgleichsprämie vereinbart werden, erhalten auch die GDL-Mitglieder bei der ODIG den höheren Betrag. Der im Jahr 2019 testweise eingeführte Gesundheitsbonus wurde nicht tarifvertraglich geregelt. Der Arbeitgeber hatte diese Regelung ohnehin nur bis Ende 2022 befristet und wollte diesen Bonus nicht weiter gewähren. Aber auch die GDL hat kein Interesse an einer solchen Bonusregelung. Sie schafft nämlich oft auch Fehlanreize für erkrankte Arbeitnehmer, trotz Krankheit weiter zur Arbeit zu gehen.
Fairer Umgang trotz mancher Differenzen
Tarifverhandlungen sind nie ein Schulausflug. Oft prallen völlig gegensätzliche Ziele beider Seiten aufeinander. Profis können aber mit solchen Konflikten umgehen und sich gegenüber der anderen Seite fair verhalten. Aus Sicht der GDL traf das auf die Arbeitgeberseite zu. So kam es zu einem Tarifabschluss, der für die Arbeitnehmer deutliche Verbesserungen bewirkt aber auch innerhalb der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Unternehmens bleibt.
Finalisierung und Abschluss
Derzeit ist das Verhandlungsprotokoll in Abstimmung. Sobald es fertig ist, beginnen die Arbeiten zur Erstellung des eigentlichen Tarifvertrages. Das dauert erfahrungsgemäß zwei bis drei Monate. Der Abstimmungsbedarf ist groß und muss präzise erfolgen. Genauigkeit geht dabei stets vor Schnelligkeit. Den Arbeitnehmern entsteht dadurch kein Schaden. Werden Entgeltkomponenten noch nicht gezahlt, werden sie nachgezahlt. Der Tarifvertrag wird rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Der Tarifabschluss steht noch unter dem gegenseitigen Widerrufsvorbehalt bis zum 15. Februar 2023.
Die GDL hat ihre Tarifkommission für den 30. Januar 2023 nach Berlin eingeladen, um über den Abschluss zu beraten und zu beschließen.