Tarifauseinandersetzung Deutsche Bahn
Moderatorenvorschlag ist kein Angebot
Informationen zum Moderatorenvorschlag
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Einigungsvorschlag der Moderatoren im Tarifkonflikt zwischen GDL und Deutscher Bahn AG wurde nun von diesen veröffentlicht. Wir haben diesen Vorschlag bisher nicht veröffentlicht, da Stillschweigen vereinbart worden ist. Durch die Veröffentlichung der Moderatoren ist dieses Stillschweigen jedoch nicht mehr erforderlich und wir möchten hiermit darüber informieren und die Hintergründe darlegen. Den Vorschlag der Moderatoren haben wir diesem Rundschreiben beigefügt.
Bereits an dieser Stelle sei angemerkt, dass wir in der „Dresdner Vereinbarung“ vom 27. Januar 2024 gemeinsam mit der DB vereinbart haben, bis einschließlich 3. März 2024 keine Kommunikation über den Verhandlungsprozess, über Zwischenstände und gegebenenfalls Ergebnisse vorzunehmen. Diese Vereinbarung wurde durch die DB gebrochen. Bereits kurz nach Erklärung des Scheiterns der Tarifverhandlungen durch die GDL am 29. Februar 2024 um 12:05 Uhr, veröffentlichte die Bild-Zeitung am gleichen Tag um 16:19 Uhr im digitalen Format zum einen das erneute Scheitern der Tarifverhandlungen wie auch die Namen unserer Moderatoren. Niemand aus dem Kreise der GDL hat dies der Bild-Zeitung mitgeteilt.
Es kann also nur eine Indiskretion von Seiten des Arbeitgebers vorliegen. Vereinbarungsgemäß hat die GDL aber erst am 4. März 2024 kommuniziert. Das nun veröffentlichte Moderatoren-Papier war für die GDL nicht akzeptabel. Unstreitig ist zunächst, dass die Moderatoren eine Arbeitszeitabsenkung bis zur durchschnittlichen 36-Stunden-Woche vorgeschlagen haben, die ohne Entgeltkürzung zum 1. Januar 2028 wirksam werden sollte. Die 37-Stunden-Woche sollte zum 1. Januar 2026 wirksam werden.
Dies hat die GDL aber abgelehnt. Die Ablehnung der GDL bezieht sich jedoch nicht nur auf die nicht ausreichende Absenkung der Referenzarbeitszeit. Ein Blick in den Vorschlag der Moderatoren genügt sicherlich, um eine ganze Reihe weiterer Ablehnungsgründe zu finden.
Hier nur einige Beispiele:
- Die von den Moderatoren vorgeschlagene Erhöhung der Entgelte (in Summe 410 Euro) könnte zwar eine Verhandlungsbasis sein, aber es gehört zur Wahrheit, dass die DB keine „echte“ Erhöhung um 410 Euro vereinbaren will. Sie sieht nur eine Erhöhung des MTE in den GDL Tarifverträgen nach dem System der evg. Es wurde zwar veröffentlicht, dass die Vergütungen um 200 beziehungsweise 210 Euro steigen, aber diese Erhöhungen beziehen sich auf das Jahrestabellenentgelt und nicht auf das Monatstabellenentgelt. Im Auszahlungsmodell 12,5 erfolgt eine geringere Erhöhung des MTE, da auch die daraus folgende Erhöhung des Weihnachtsgeldes auf die Erhöhung angerechnet wird. Richtig wäre, von einer Erhöhung des Jahrestabellenentgelts um 2 400 Euro und dann noch einmal 2 520 Euro zu sprechen. Diese Erhöhung wiederum heruntergebrochen auf die derzeitige Referenzarbeitszeit von 38-Stunden im Wochendurchschnitt, wie es sich die DB vorstellt, ergibt eine Gesamterhöhung des MTE um 383,55 Euro, wie die beigefügte Berechnung der DB zeigt. Außerdem fordert die DB weiterhin eine Laufzeit von 32 Monaten, während die Moderatoren 30 Monate vorgeschlagen haben. Aber auch 30 Monate sind aus Sicht der GDL viel zu lang. Eine zweieinhalbjährige Laufzeit entwertet die Erhöhung noch weiter, was sicher keiner weiteren Erläuterung bedarf.
- Der gestaffelte Wegfall beider Urlaubswahlmodelle am 1. Januar 2026 bzw. zum 1. Januar 2028 ist für die GDL ebenfalls nicht akzeptabel. Zwar wäre der Wegfall des zwölftägigen Wahlmodells bei einer entsprechenden Absenkung der Referenzarbeitszeit diskutabel, aber die Abschaffung des sechstägigen Wahlmodells bedeutet keinen Gewinn der verfügbaren Nettoarbeitszeit und kann und darf deshalb nicht entfallen. Außerdem sollen die Regelungen zur besonderen Teilzeit im Alter ab 1. Januar 2028 wegfallen.
- Die DB will außerdem das einmal im Monat zu gewährende, mindestens 60 Stunden dauernde Wochenende dergestalt aufweichen, dass bei Zugverspätungen auch bis Samstag, 2:00 Uhr gearbeitet werden darf, soweit trotzdem 60 Stunden Ruhezeit zur Verfügung stehen. Diese Gegenforderung ist geradezu unmöglich, denn es handelt sich um das einzige Wochenende im Monat, auf das insbesondere das Zugpersonal Anspruch hat. Wir sollen also die Planungsfehler und die beschämende Betriebsqualität der DB mit weiteren Eingriffen in unsere Freizeit ausgleichen! Unser Gegenvorschlag war, das Wochenende nicht mehr um 24:00, sondern bereits um 22:00 Uhr beginnen zu lassen und die zwei Stunden des vorgezogenen Beginns als Pufferzeitraum für Zugverspätungen zur Verfügung zu stellen, soweit trotzdem 60 Stunden Ruhezeit erreicht werden. Darauf ging die DB jedoch nicht ein.
- Eher unscheinbar kommt der Punkt multifunktionaler Einsatz von Arbeitnehmern daher. Bei den Detailverhandlungen zu diesem Punkt stellte sich aber heraus, dass insbesondere DB Cargo dadurch einen erheblichen Personalabbau erreichen will. Dies betrifft die Berufsgruppe der Wagenmeister, deren Aufgaben auf Lokomotivführer und vor allem auf Lokrangierführer verlagert werden sollen. Die GDL wird einem solchen Tun nicht auch noch durch tarifvertragliche Regelungen die Hand reichen. Will der Arbeitgeber Mitarbeiter loswerden, soll er dafür die Verantwortung
- übernehmen!
- Letztendlich sagt der Vorschlag der Moderatoren auch, dass es beim bisherigen Geltungsbereich der GDL-Tarifverträge bleiben soll. Das bedeutet, dass die GDL keine Tarifverträge für die Arbeitnehmer in der Infrastruktur abschließen soll. Auch dieser Punkt ist für die GDL nicht hinnehmbar.
Wir haben uns in diese Aufzählung auf einige Beispiele beschränkt, die neben dem Fehlen der durchschnittlichen 35-Stunden-Woche dazu geführt haben, dass wir den Moderatoren-Vorschlag abgelehnt haben. Deine ganze Reihe weiterer Punkte ergeben sich aus dem Vorschlag.
Die DB verschweigt außerdem, dass sie den Vorschlag ebenfalls abgelehnt hat. Die DB hat uns im Verlauf der Tarifverhandlungen nach den Gesprächen mit den Moderatoren lediglich die Absenkung der Referenzarbeitszeit auf die 37-Stunden Woche angeboten.
Wir unterstreichen: Es gab und gibt kein Angebot der DB zur Absenkung der Arbeitszeit auf die 36-Stunden-Woche oder gar auf die 35-Stunden-Woche.
Die von uns in den Medien getroffene Aussage ist also richtig. Die DB hat den Vorschlag der Moderatoren nicht aufgegriffen und uns auf dieser Basis ein neues Angebot vorgelegt. Darauf aber kommt es letztendlich an – nicht auf den Vorschlag der Moderatoren, sondern auf ein neues Angebot der DB. Das Gerede der DB von einer 36,5-Stunden-Woche bezieht sich auf eine Arbeitszeitabsenkung mit anteiliger Absenkung des Entgelts.
Wir haben uns an das vereinbarte Stillschweigen gehalten. Wir sahen uns aber bereits am 29. Februar 2024 und nun auch am gestrigen Tag damit konfrontiert, dass sich andere Beteiligte nicht daran gehalten haben. Dies führte zu Unruhe unter unseren Mitgliedern, was wir ausdrücklich bedauern.
Wir hoffen, mit diesem Rundschreiben, unseren Erläuterungen sowie den beigefügten Unterlagen nunmehr für Klarheit gesorgt zu haben. Wir versichern im Übrigen, dass wir einem von der DB zugesagten Stillschweigen künftig keinerlei Vertrauen mehr entgegenbringen werden.
Daher teilen wir mit, dass für den heutigen Tage (6. März 2024) erneut Gespräche im kleinen Kreis avisiert waren. Diese fanden jedoch nicht statt, da die DB die GDL offensichtlich in der Defensive sieht. Das ist aber nicht der Fall. Der heute um 18:00 Uhr bei DB Cargo und für morgen ab 2:00 Uhr bei den weiteren Unternehmen des DB Konzerns vorgesehene 35-stündige Streik wird stattfinden. Wir sind zwar jederzeit bereit, uns erneut an den Verhandlungstisch zu setzen, aber dazu bedarf es zunächst eines neuen und verhandlungsfähigen Angebotes der DB.
Mit kollegialem Gruß
Geschäftsführender Vorstand