Neue Berufsgruppen in der GDL

Fahrzeugelektriker Patrick Kernchen

Im November 2020 hat die GDL die Verantwortung für das Gesamtsystem Eisenbahn übernommen, denn nur in neuen Tarifverträgen unter dem Dach der GDL erhalten die systemrelevanten Berufsgruppen die Anerkennung, die sie verdienen. In einer mehrteiligen Serie befragt das GDL Magazin VORAUS ihre Mitglieder im System Eisenbahn, warum sie Mitglied in der GDL sind, was sie sich von ihr erwarten und was dringend in ihrem Beruf verbessert werden muss.

Sie sind als Fahrzeugelektriker schon seit der Wende in einer Lokomotivführer-Gewerkschaft. Warum sind Sie GDL-Mitglied geworden?

Nach dem Mauerfall warben ehemalige Funktionäre der SED und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds für eine Mitgliedschaft in der GdE – jetzige EVG. Eine vom Machtapparat der SED-Diktatur durchsetzte Gewerkschaft GdE-OST kam für mich jedoch nicht in Frage. Im Gegensatz dazu macht die GDL schon immer eine sehr gute Personalratsarbeit. Sie hat kompetente Ansprechpartner vor Ort, die sich ohne lange Termine um die Beschäftigten kümmern. Somit war meine Wahl klar.

Was macht die GDL konkret besser?

In der GDL werden nicht alle in einen Sack gesteckt. Beschäftigte im Schichtdienst haben andere Probleme als Mitarbeiter im Büro. Die GDL steht für spezifische Lösungen und ist damit sehr erfolgreich. Ich wurde 1990 in den Personalrat des ehemaligen BW Ostbahnhof gewählt und später in den Betriebsrat. Von Anfang hat uns die GDL unterstützt, so dass wir gravierende Verschlechterungen verhindern konnten, die die EVG und ihre Vorläufer in trau-ter Zweisamkeit mit der DB/DR durchgewunken haben. So konnten wir beispielsweise die Einführung der Regio-Ergänzungstarifverträge abwenden, mit denen das Zugper-sonal bis zu 18 Schichten unbezahlte Mehrarbeit hätte leisten müssen. Insbesondere hat die GDL aber die Entgelte massiv angehoben und viele Verbesserungen bei der Arbeitszeit erreicht. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass sich unsere Betriebsräte weiterhin an der Basis befinden und sich nicht ins Büro „verkrümeln“.

Unser Engagement hat sich auch bezahlt gemacht. So konnten wir unsere Mandate im Betriebsrat im Fernverkehrswahlbetrieb F1.7 von anfangs zwei im Jahre 2006 auf neun Mandate im Jahr 2018 steigern und können somit die Mitarbeiter noch besser vertreten.

Was halten Sie von der Öffnung der GDL für das Herzstück Schiene?

Das finde ich sehr gut. Die GDL ist die richtige Vertretung für das direkte Personal. Ob zum Beispiel Fahrdienstleiter, Bord-gastronom oder Werkstattmitarbeiter, wir haben alle die gleichen Probleme beispielsweise mit dem Schichtdienst und der fehlenden Wertschätzung. Wir brauchen keine Steigbügelhalter für den Arbeitgeber, sondern eine starke, unbestechliche und erfolgreiche Gewerk-schaft.

Was muss in Ihrem Beruf als Instandhalter in der Werkstatt dringend verbessert werden?

Eine ganze Menge. Das Wichtigste: Die Qualifikation und die Berufserfahrung müssen sich im Entgelt bemerkbar machen. Zurzeit gibt es für die Instandhalter drei Entgeltgruppen. In die Entgeltgruppe 109 wird man nach der Berufsausbildung eingruppiert. Wenn ich selbstständig arbeiten kann, bekomme ich die 108 und wenn ein Instandhalter mehrere Qualifikationen oder eine Sachkunde erworben hat, wird er in die 107 eingruppiert. Danach ist Schluss. Der Mitarbeiter hat nur noch die Möglichkeit, im Rahmen des Entgeltbandes des Funktionsgruppentarifvertrages 1 aufgrund seiner Berufserfahrung alle fünf Jahre rund 50 Euro mehr im Monat zu bekommen. Ab dem 30. Jahr der Betriebszugehörigkeit bis zur Rente gibt es keine Weiterentwicklung des Entgeltbandes. Weiterhin hat der Mitarbeiter selbst, wenn er weitere Qualifikationen erwirbt, zurzeit keine Möglichkeit auf die nächst höhere Entgeltgruppe. Im Gegensatz dazu hat die GDL bei den Lokomotivführern schon lange für die Honorierung der der Weiterqualifikation gesorgt. Besonders tragisch ist eine fehlende Anerkennung der Berufserfahrung bei den zahlreichen Neueinstellungen, die wir aufgrund des verstärkten Verkehrs auf der Schiene und des hohen Altersdurchschnitt der Kollegen vornehmen. Wir bekommen nicht die Mitarbeiter, die wir benötigen. Viele qualifizierte Kollegen von Lufthansa Technik haben das DB-Angebot wegen des niedrigen Lohnes abgelehnt. Ihre Berufserfahrung wurde schlichtweg nicht anerkannt.

Sind die Mitarbeiter mit der mangelnden Entgeltentwicklung sehr unzufrieden?

Ja. Oftmals lehnen die Kollegen auch eine Qualifizierung ab, denn sie bekommen danach nur mehr Arbeit, die nicht honoriert wird. Ich kann das verstehen. Aber das ist keine gute Entwicklung, denn die Wettbewerber schlafen nicht und gutes Personal findet insbesondere beim jetzigen Personalmangel überall Beschäftigung. Die DB musste hingegen mehrere Mitarbeiter in der Probezeit wegen mangelnder Qualifikation entlassen.

Wie geht es für Sie als Betriebsrat weiter?

Durch die Öffnung der GDL werden wir noch schlagkräftiger. Das direkte Personal hat die Honorierung und Wertschätzung seiner Tätigkeit verdient, auf die es so viele Jahre verzichten musste.

Das Gespräch führte Gerda Seibert.

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