Pressemitteilung zum Koalitionsvertrag
„Geld allein reicht nicht – die Bahn braucht Strukturwandel und klare Verantwortung!“
Der politische Wille zur Stärkung der Schiene ist da – doch Lippenbekenntnisse reichen nicht. Die GDL begrüßt zwar die geplanten Milliardeninvestitionen in die Bahn, warnt aber eindringlich: Ohne tiefgreifende Strukturreformen bleibt jede Verkehrswende ein Papiertiger. Intransparente Konzernstrukturen, chronischer Fachkräftemangel und fehlende Verantwortlichkeiten gefährden die Zukunft der Bahn. Was es jetzt braucht, ist kein weiteres Alibi, sondern ein klarer Aufbruch – mit echter Reformbereitschaft, einem unabhängigen Infrastruktursystem und verbindlicher Personalstrategie. Die Zeit des Zögerns ist vorbei. Jetzt entscheidet sich, ob die Bahn zum Rückgrat einer nachhaltigen Mobilität wird – oder in alten Mustern stecken bleibt.
Zwischen Aufbruch und Alibi – was jetzt getan werden muss
„Geld allein reicht nicht – die Bahn braucht Strukturwandel und klare Verantwortung!“
Die GDL begrüßt grundsätzlich die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD angekündigten Investitionen in die Schiene. Der politische Wille, den Bahnverkehr zu stärken, ist überfällig und richtig. Doch ohne tiefgreifendere Strukturreformen droht das ambitionierte Vorhaben der Modernisierung des Schienensystems erneut zu scheitern. „Ohne Strukturreform bleibt jede Verkehrswende bloße Kulisse“, warnt Mario Reiß, Bundesvorsitzender der GDL.
Strukturreform statt Kosmetik und Stellenabbau
Konzerninterne Quersubventionierungen, Kannibalisierungseffekte und strukturelle Ineffizienzen – etwa bei DB InfraGO – sowie hohe Trassenpreise bremsen den Ausbau einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur. Die vertikal integrierte Konzernstruktur der DB AG erschwert die Transparenz über Gewinne und Verluste der einzelnen Konzerngesellschaften, behindert fairen Wettbewerb im Eisenbahnsystem und verhindert eine zielgerichtete Verwendung öffentlicher Mittel. Gewinne werden konzernintern verschoben und Investitionen in die Infrastruktur hinausgezögert. Die DB InfraGO muss aus dem immer noch aktienrechtlich gebundenen DB-Konzern herausgelöst werden. Der Koalitionsvertrag bleibt im entscheidenden Punkt allerdings vage: Die dringend notwendige vollständige und dauerhafte Entkoppelungung der DB-Infrastrukturgesellschaft (DB InfraGO) vom profitorientierten DB-Konzern wird nach derzeitiger Lesart nicht verfolgt. Aber nur so ließe sich eine transparente und zweckgebundene Verwendung öffentlicher Mittel für die Sanierung und den Ausbau des Schienennetzes sicherstellen – ohne Umwege über intransparente Konzernstrukturen.
Angesichts gravierender Zielverfehlungen und milliardenschwerer Verluste bei der DB AG fordert die GDL die Einsetzung einer Regierungskommission für eine große Bahnreform. Darüber hinaus fordert die GDL die Gründung eines unabhängigen Bundes-Länderamts für Schieneninfrastruktur, das die Planung, Steuerung und Kontrolle staatlicher Investitionen übernimmt. In diesem Zusammenhang fordert die GDL eine Beendigung von Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträgen, transparente und zweckgebundene Mittelverwendung, eine direkte Bundesverantwortung statt Holding-Strukturen sowie eine eigenständige Infrastruktursteuerung ohne konzerninterne Zielkonflikte.
Die Infrastruktur darf nicht länger Spielball konzerninterner Gewinnmaximierung sein. Nur eine vom Aktienrecht befreite Bundesgesellschaft kann das Rückgrat einer leistungsfähigen Bahn-Infrastruktur bilden.
Finanzierung der Struktur- und Personalreformen
„Milliarden reichen nicht, wenn sie im System versickern.“, so Reiß. Das angekündigte Sondervermögen von 500 Milliarden Euro mag beeindruckend klingen – doch ohne gezielte Struktur- und Personalreformen bleibt der Effekt begrenzt. Die GDL erinnert daran, dass allein die Bahn 80 Milliarden Euro bis 2034 für Sanierung, Digitalisierung und Netzausbau benötigt. Ein riesiger Fachkräftemangel – bei Lokführern, Instandhaltern, Stellwerkspersonal – verhindert die Umsetzung vieler Vorhaben schon heute. Selbst mit mehr Geld sind laut Bahnbauindustrie jährlich nur rund 8 Milliarden Euro realistisch verarbeitbar. Die Politik muss endlich für eine langfristige und verbindliche Investitionsplanung sorgen – mit klarer Zweckbindung und Personalstrategie.
Weitere Forderungen der GDL
Tarifbindung und faire Arbeitsbedingungen sind Grundvoraussetzungen für einen funktionierenden Bahnbetrieb. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass keine Gewerkschaft durch politische oder juristische Eingriffe benachteiligt wird. Es darf kein Spielraum für gesundheitsgefährdende Flexibilisierung in der Gesetzgebung zu den Arbeitszeitregelungen geben.
Es braucht dringend eine verlässliche Finanzierung des Deutschlandtickets, welches dauerhaft den Nahverkehr absichert.
Das Tarifeinheitsgesetz gehört auf den Prüfstand. Die GDL fordert eine unabhängige Überprüfung seiner Anwendungspraxis, um faire Bedingungen für alle Gewerkschaften und deren Mitglieder zu gewährleisten.
Die Personalpolitik der Deutschen Bahn muss sich endlich, weg von nicht erreichten Ergebniszielen, ehrlich machen und zukunftsfähig werden. Der demografische Wandel beschleunigt den Fachkräftemangel und die unzureichende Personalentwicklung. Das zeigt: Es braucht eine langfristige Personalstrategie, die auf gute Arbeitsbedingungen, Qualifizierung und echte Wertschätzung setzt – statt kurzfristiger Effekte und leeren Versprechen.
Die Zukunft der Bahn entscheidet sich jetzt – nicht in Schönwetterreden, sondern in echten Strukturentscheidungen. Die GDL appelliert an die Bundesregierung, nicht bei Ankündigungen stehen zu bleiben, sondern die angekündigten Reformen mutig und konsequent umzusetzen und zu erweitern. Jetzt ist die Zeit zum Handeln.