Chronologie des Tarifkonflikts

Zeit, sich zu besinnen: GDL räumt SWEG eine Atempause ein

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) beendet am Donnerstag, 10. November 2022, um 11 Uhr den fünften Arbeitskampf im Tarifkonflikt mit der SWEG Südwestdeutschen Landesverkehrs GmbH (SWEG) und der SWEG Bahn Stuttgart GmbH (SBS).

Die Beschäftigten hatten die Arbeit am 2. November, 3 Uhr mit offenem Ende niedergelegt, um ihren Forderungen nach besseren Arbeits- und Entgeltbedingungen bei der SWEG Nachdruck zu verleihen. Während des 200-stündigen Arbeitskampfes kam es bei erneut gestiegener Streikbeteiligung zu zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen auf dem Streckennetz der Landeseisenbahn.

„Die SWEG führt einen aussichtslosen Kampf. Sie kann sich den berechtigten Forderungen der GDL und ihrer Mitglieder auf Dauer nicht verweigern“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Mit dieser Atempause geben wir der SWEG-Geschäftsführung Gelegenheit, die Haltlosigkeit ihrer Position einzugestehen. Wir fordern sie erneut auf, ihrer Verantwortung gegenüber den Fahrgästen und den eigenen Mitarbeitern endlich gerecht zu werden und auf den Verhandlungsweg zurückzukehren.“

Ein erschütterndes Bild

Betrachtet man den bisherigen Verlauf des Tarifkonflikts, ergibt sich daraus das erschütternde Bild eines hoffnungslos überforderten Arbeitgebers. „Das Vorgehen der SWEG-Geschäftsführung und ihres Aufsichtsrates ist gekennzeichnet von gravierenden Fehleinschätzungen, ahndungswürdigem Fehlverhalten und einer geradezu peinlichen Unprofessionalität", so Weselsky.

Verletzung der Tarifautonomie, Drohungen gegen Beschäftigte

Das unverantwortliche Handeln der SWEG durchzieht den gesamten Tarifkonflikt. So brach der Arbeitgeber die Verhandlungen am 18. August 2022 bereits in der zweiten Runde unter dem Vorwand ab, unter normalen Vorzeichen eigentlich gut verhandelbare Regelungen zur persönlichen Planungssicherheit nicht akzeptieren zu können. Er nahm damit sehenden Auges nicht nur Arbeitskämpfe in Kauf, sondern ließ außerdem eine gegen die GDL gerichtete Verleumdungskampagne von ver.di widerspruchslos zu.

Im Kern zeigte sich schon hier die Haltung der Geschäftsführung, wie sie vom SWEG-Aufsichtsratsvorsitzenden Uwe Lahl zu einem späteren Zeitpunkt unverblümt geäußert wurde: „Wir wollen die GDL nicht in unserem Mutterkonzern“. Diese Aussage ist beileibe kein Einzelfall. Immer wieder meldete sich Lahl im Tarifkonflikt öffentlich zu Wort und verletzte damit ein ums andere Mal die Tarifautonomie. Die Geschäftsführer Tobias Harms und Thilo Grabo billigten dieses Verhalten nicht nur, sondern griffen ihrerseits in das Geschehen ein. So versuchten etwa Harms und Lahl, streikbereite GDL-Mitglieder persönlich vom Arbeitskampf abzuhalten. Wo dies nicht verfing, drohte die Geschäftsführung den Beschäftigten mit Kündigung – ein weiterer klarer Rechtsbruch.

Festhalten an schlechtem Tarifvertrag

Die wiederholten Aufforderungen der GDL zur Abgabe verhandelbarer Angebote beantwortete die SWEG entweder gar nicht oder mit der Abgabe von Scheinangeboten. Darin erklärte sie, im Wissen um die Nichtigkeit des Angebots, ihre „Verhandlungsbereitschaft“ lediglich für die SBS, nicht aber für die SWEG. Damit unterstrich der Arbeitgeber seinen Willen, im Mutterkonzern am deutlich schlechteren Eisenbahn-Tarifvertrag festzuhalten – ausgehandelt mit ver.di. Zugleich verbesserte die SBS in einem grotesken Tarifabschluss mit ver.di und evg sogar die Konditionen, obwohl die beiden Gewerkschaften – im Gegensatz zur stark repräsentierten GDL – so gut wie keine Mitglieder in den Unternehmen haben. „Hier sind dem Mutwillen Tür und Tor geöffnet“, so Weselsky. „Mit einem professionellen Umgang unter Tarifparteien hat das nichts mehr zu tun“.

Höchstmaß an tarifvertraglicher Anerkenntnis

Vollends haltlos wird die Position der SWEG durch die Ablehnung der geforderten tarifvertraglichen Regelungen: Diese Regelungen gelten bereits heute in 95 Prozent der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die SPNV-Leistungen in Baden-Württemberg erbringen. Darüber hinaus sind die Regelungen im Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG) von Baden-Württemberg hinterlegt. Das bedeutet ein Höchstmaß an tarifvertraglicher Anerkenntnis. Weselsky: „Diesen Fakten kann sich kein seriöser Arbeitgeber entziehen. Es sagt viel über die SWEG aus, dass sie es dennoch tut.“

Ultimativer Vertrauensbruch

Mit dem Abrücken von ihrer festen Zusage, SBS (vormals Abellio) zu übernehmen, hat die SWEG schließlich den ultimativen Vertrauensbruch begangen. „Damit fällt der Arbeitgeber nicht nur unseren Kollegen in den Rücken, sondern fügt auch dem Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg und allen, die darauf angewiesen sind, schweren Schaden zu“, so Weselsky.

Arbeitgeber sollte Atempause nutzen

Die erfolgreichen Arbeitskämpfe und die eindrucksvollen Protestkundgebungen in Stuttgart und Lahr zeugen von der Entschlossenheit der GDL und ihrer Mitglieder, dem Arbeitgeber weiterhin die Stirn zu bieten: „Wir werden von unseren Forderungen nicht ablassen“, so Weselsky. „Es liegt nun an der SWEG, den Streik, der auf dem Rücken der Fahrgäste lastet, durch die Rückkehr an den Verhandlungstisch zu beenden. Sollte der Arbeitgeber die ihm eingeräumte Atempause nicht sinnvoll nutzen, kann ich ihm eines versichern: Uns geht die Puste garantiert nicht aus. Weitere Arbeitskampfmaßnahmen werden folgen.“

Bessere Entgelt- und Arbeitsbedingungen

Die GDL fordert den Abschluss eines Tarifvertrages auf dem Niveau ihres Flächentarifvertrages – dieser steht allen Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern in Deutschland zu. Im Wesentlichen fordert die GDL:

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