Trotz der Einschwörung auf einen harten Sanierungskurs des Vorstands der Deutschen Bahn und einer neuen Rekordverschuldung von mehr als 30 Milliarden Euro haben die Führungskräfte im DB-Konzern Boni für das Jahr 2020 erhalten.
Diese Entscheidung hat der DB-Vorstand allein getroffen. „Dem direkten Personal wird eingeredet, dass es den Gürtel enger schnallen muss, während sich die Führungskräfte beim Bahnvorstand für die Zahlung der Boni herzlich bedanken können“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky.
Mit Beginn der Pandemie hat die DB von allen Beschäftigten Sparbeiträge aufgrund der coronabedingten Einbußen verlangt. Die Einkommens-Verringerungs-Gesellschaft (EVG) hat daraufhin einen Tarifvertrag mit 1,5 Prozent Entgelterhöhung für 28 Monate abgeschlossen – somit ein reales Minus erzeugt: eine Corona-Prämie für systemrelevante Eisenbahner oder gar der Verzicht auf Boni für Führungskräfte – Fehlanzeige. Allein der Konzernvorstand verzichtet auf die variablen Vergütungsbestandteile. Dies gilt somit erstens nur für die sieben Konzernvorstände selbst und nicht für die mehr als 3.500 Führungskräfte im DB-Konzern und zweitens nur für das Jahr 2020. Trotz negativer Bilanzen haben die 3.500 Führungskräfte einen deutlichen Anteil ihrer variablen Entgeltbestandteile in Höhe von 64 Prozent (besser bekannt als Boni) für das Jahr 2020 erhalten. Dazu sollen die Aufsichtsräte jetzt die Boni für die weiteren Vorstände und Geschäftsführer im DB-Konzern absegnen. Die GDL-Aufsichtsratsmitglieder werden dabei nicht mitmachen! Weselsky: „Millionen für Vorstände und Führungskräfte unter gleichzeitiger Wegnahme von Brotkrumen bei den operativen Eisenbahnern – nicht mit uns!“
„Beim Verhalten und den Handlungen des Bahnvorstandes fühlt man sich eigentlich ins Mittelalter zurückversetzt. Während Könige und Kaiser ihrem Volk hohe Steuern und Abgaben aufbrummten, genehmigten sie sich selbst und ihrem Hofstaat ein Leben in Saus und Braus“, so Weselsky und weiter. „Damit wird erneut deutlich, dass nicht nur der amtierende Bahnvorstand, sondern der gesamte DB-Konzern auf den Prüfstand gestellt werden muss. Niemand darf sich ungeniert das Geld der Steuerzahler in die eigenen Taschen wirtschaften. Das Mittelalter ist längst vorbei und trotzdem feiert die Führungsriege fröhliche Urständ! Sie predigt den Eisenbahnern Wasser und badet selbst im Schampus! Hier wird der tatsächliche Kern des aufkeimenden Tarifkonflikts zwischen dem DB-Management und uns sichtbar, denn in Wahrheit geht es um unsere Forderungen nach einem Sanierungstarifvertrag, in dem der komplette Verzicht auf Boni für alle Führungskräfte bis zum Jahre 2024 festgeschrieben wird. Nur dadurch wird diese Selbstbedienungsmentalität auch tatsächlich unterbunden.“
Dazu muss nach Auffassung der GDL und ihrer Aufsichtsräte im DB-Konzern auch die gesamte Systematik für die Verträge und Vergütungen, die außerhalb des Tarifbereiches liegen, überarbeitet werden. „Wir benötigen klare und nachvollziehbare Regeln und keine Gutsherrnmanieren“, so Weselsky. Darauf haben die GDL-Aufsichtsräte schon lange gedrungen.
Die GDL ist nicht grundsätzlich gegen variable Vergütungen, denn damit kann persönliche Verantwortung transparent gemacht und auch honoriert werden. „Besonderes Engagement oder besonders schlechte Leistungen sollen sich auch tatsächlich in den variablen Entgeltbestandteilen bemerkbar machen. Allerdings müssen dazu die Rahmenbedingungen und die Voraussetzungen stimmen und es muss fair zugehen. Aber in Zeiten, in denen von harten Sanierungsmaßnahmen schwadroniert wird, darf sich niemand die Taschen vollstopfen, insbesondere nicht zu Lasten der systemrelevanten Eisenbahnerinnen und Eisenbahner“, so der GDL-Bundesvorsitzende.
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