Rail4Captrain

Tarifflucht zur Unzeit: Arbeitgeber lässt Verhandlungen scheitern

Völlig unerwartet und konträr zur Situation im Eisenbahnsektor hat die Rail4Captrain GmbH (R4C) die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am 21. Mai 2019 in der sechsten Verhandlungsrunde zum Scheitern gebracht. Damit endet die rund fünfzehnjährige Tarifpartnerschaft mit der GDL. „Tariftreue und Sozialpartnerschaft scheinen für den Arbeitgeber wohl Fremdwörter zu sein“ so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Das Zugpersonal hat Wertschätzung verdient und kein derartiges Verhalten, welches für die GDL unverständlich ist.“

Wegfall zentraler tariflicher Leistungen

Infolge des Abbruchs der Verhandlungen haben die GDL-Mitglieder und die Arbeitnehmer bei R4C nun keinen gültigen Tarifvertrag mehr. Sie erhalten somit weder Verbesserungen im Entgelt- und Zulagenbereich, noch beim Urlaub oder beim Zeitzuschlag für Nachtarbeit. Auch die angestrebte betriebliche Altersvorsorge in Höhe von 2,2 Prozent kann somit nicht realisiert werden. Mit dem Schutz bei Fahrdienstuntauglichkeit und der Teilhabe an der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zur Gewährung von Sozialleistungen entfallen zudem zwei besonders markante tarifliche Errungenschaften. Betroffen sind mithin die marktüblichen Vergütungskomponenten des Zugpersonals.

Kein Vabanquespiel auf dem Rücken der Beschäftigten

Hoffnungen auf den Großmut des Arbeitgebers sind aus Sicht der GDL unangebracht. „Auf solch ein Vabanquespiel auf dem Rücken der Ar-beitnehmer lassen wir uns nicht ein“ so Weselsky. „Selbst wenn das Unternehmen einige der Verbesserungen übertariflich gewähren würde, kann es diese freiwilligen Leistungen auch jederzeit wieder zurücknehmen. Ein dauerhaft verlässlicher Leistungsanspruch kann nur durch einen gültigen Tarifvertrag erworben werden.“

Zum Schutz ihrer Mitglieder hat die GDL umgehend die zuständige Stelle zur Erteilung der Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern über den Sachstand informiert, da nun der Gleichstellungsgrundsatz gemäß Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in Kraft treten muss. Dadurch werden die Anwendung der Mindestarbeitsbedingungen und die Zahlung des entsprechenden Entgelts beim Entleiher sichergestellt.

Verantwortungslosigkeit als Firmenphilosophie

R4C folgte mit dem Abbruch der Verhandlungen offenbar einer Order der Konzernmutter Captrain Deutschland GmbH. „Dort hat man wohl die Zeichen der Zeit gründlich missverstanden“ so Weselsky. „Tarifflucht, unter welch fadenscheinigen Begründungen auch immer, ist nie eine gute Idee. Aber bei dem derzeitigen Lokomotivführermangel und tagtäglich stattfindenden Abwerbungen vieler Unternehmen mit dem Flächentarifvertrag für das Zugpersonal (BuRa-ZugTV) ist der Niedergang der R4C damit glatt vorprogrammiert.“ Doch vielleicht nimmt das Management dies sogar billigend in Kauf. Weselsky: „Sollte dieses Szenario Teil der Unternehmensstrategie sein, dann hat die Captraingruppe Verantwortungslosigkeit und Scheinheiligkeit offensichtlich zur Firmenphilosophie erhoben.“

Arbeit, Einkommen und Schutz für das Zugpersonal

Fakt ist, dass die GDL das Unternehmen so lange nicht mehr tarifieren wird, bis dem Management klar geworden ist, welche Berufsgruppen die Wertschöpfung im Betrieb bringen. Weselsky: „Jeder Lokomotivführer in diesem Lande wird Arbeit, tarifvertraglich geschütztes Einkommen und Schutz vor Fahrdienstuntauglichkeit erhalten. Aber kein Management wird ohne die Wertschöpfung der direkten Mitarbeiter überleben.“

Mehr zum Thema 'NE-Bahnen'

Ostdeutsche Instandhaltungsgesellschaft mbH: Abschluss für die Werkstätten erzielt

DB RegioNetz Verkehr, Erzgebirgsbahn, City-Bahn Chemnitz: Gespräche zur Überleitung

Pressekonferenz Tarifkonflikt SWEG: Schluss mit dem Versteckspiel!

zurück