GDL-Ortsgruppe Bodensee-Neckar
Bislang konnten in der Bundesverwaltung Langzeitkonten auf Grundlage einer Experimentierklausel geführt werden, die das Ansparen von Zeitguthaben längstens bis zum 31. Dezember 2020 erlaubte. Mit der Neuregelung wird die Möglichkeit der Führung von Langzeitkonten dauerhaft festgeschrieben. In Bezug auf die Langzeitkonten sind folgende Eckpunkte zu nennen:
Dem Langzeitkonto kann ein Zeitguthaben bis zu einer Höhe von 1400 Stunden gutgeschrieben werden. Die maximale Ansparsumme entspricht damit derjenigen aus der Erprobungsphase.
Ein Ansparen von Stunden ist künftig über eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit im Umfang von bis zu drei Stunden auf Antrag möglich.
Die Genehmigung der beantragten Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit setzt voraus, dass die Beamtin oder der Beamte auf einem Arbeitsplatz tätig ist, bei dem ein erhöhter, über das Normalmaß hinausgehender Arbeitsanfall besteht. Für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben muss ein tatsächlicher Bedarf an der verlängerten wöchentlichen Arbeitszeit bestehen.
Grundsätzlich ist die Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für die Zukunft vorzunehmen. Eine Rückwirkung von vier Wochen ist möglich, wenn erkennbar geworden ist, dass es sich um eine Arbeitsbelastung von gewisser Dauer handelt. In Ausnahmefällen ist auch eine Rückwirkung von zwölf Wochen möglich, sofern der Vorgesetzte dies begründet und die Personalverwaltung zustimmt.
Nach zwei Jahren oder bei einem Wechsel der Organisationseinheit wird eine obligatorische Überprüfung vorgenommen.
Über eine Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit hinaus können Ansprüche auf Dienstbefreiung für bis zu 40 Stunden dienstlich angeordneter oder genehmigter Mehrarbeit pro Jahr auf dem Langzeitkonto gutgeschrieben werden. Der Übertrag von Mehrarbeitsstunden auf das Langzeitkonto ist innerhalb der Frist des § 88 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes möglich.
Anders als in der Erprobungsphase können mit der Neuregelung auch Beamtinnen und Beamte mit einem Langzeitkonto einen positiven Gleitzeitsaldo in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen.
Eine Freistellung ist für einen zusammenhängenden Zeitraum von grundsätzlich höchstens drei Monaten möglich. Gleichzeitig wird die Möglichkeit einer darüber hinausgehenden Freistellung im Ausnahmefall eröffnet.
Unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand ist ein Zeitausgleich durch zusammenhängende Freistellung von bis zu drei Monaten möglich.
Bei den Langzeitkonten handelt es sich um reine Zeitguthabenkonten. Ein Ausgleich für das Zeitguthaben kann nur durch Freistellung vom Dienst erfolgen.
Grundsätzlich soll das Zeitguthaben bei derjenigen Dienststelle ausgeglichen werden, bei der es erwirtschaftet wurde. Daraus folgt, dass im Falle einer Versetzung oder Beendigung des Beamtenverhältnisses das Zeitguthaben vor dem
Wechsel noch in der alten Dienststelle auszugleichen ist. Gegebenenfalls kann dies auch durch die Anordnung des Dienstherrn erfolgen.
Es wurde eine Übergangsregelung für die Weiterführung der Ansparmöglichkeit der verlängerten Wochenarbeitszeit nach den bestehenden Dienstvereinbarungen bis zum 31. Juli 2021 geschaffen.
Darüber hinaus können die Beschäftigten künftig ihre Reisezeiten bei Dienstreisen besser anrechnen lassen. Bislang war dies außerhalb der täglichen Arbeitszeit nur begrenzt möglich. Nicht anrechenbare Reisezeiten wurden in der Vergangenheit erst ab dem Beginn der 16. Stunde im Kalendermonat auf Antrag zu einem Viertel auf die Arbeitszeit angerechnet. Wegen des Schwellenwertes von 15 Stunden im Monat und des Antragserfordernisses erfolgte bisher oft keine Anrechnung.
Künftig wird bei Dienstreisen, die über die tägliche Arbeitszeit hinausgehen, ein Freizeitausgleich in Höhe von einem Drittel der nicht anrechenbaren Reisezeiten gewährt. Das Erfordernis eines Antrags auf Anrechnung der Reisezeiten entfällt. IJm eine Erfassung zu ermöglichen, müssen die Beschäftigten die Reisezeiten jedoch anzeigen, zum Beispiel indem sie diese in ein Zeiterfassungssystem eintragen.
Künftig können auch Beamtinnen und Beamte ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden ohne Auswirkungen auf die Besoldung verkürzen, wenn sie pflegebedürftige nahe Angehörige in ihrem eigenen oder dem Haushalt der Angehörigen pflegen oder betreuen.
Die bisher geltende Einschränkung, dass der/die pfiegebedürftige Angehörige zum Haushalt des Beamten gehören musste, wurde aufgehoben. Eine Verkürzung der Arbeitszeit wird hingegen nicht gewährt, wenn der nahe Angehörige etwa in einem Pflegeheim betreut wird.
Auch wurde die „Opt-out"-Regelung rückwirkend zum 1. Januar 2020 wiedereingeführt, damit die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten in Bereichen mit Bereitschaftsdienst auffreiwilliger Basis in Zukunft auf bis zu 54 Wochenstunden im Durchschnitt verlängert werden kann.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden die Regelungen zur Gewährung von Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung zur Akutpflege von pflegebedürftigen Angehörigen und zur Betreuung erkrankter Kinder befristet angepasst.
Appell an die Besoldungsgesetzgeber
Wegen der herausragenden und langfristigen Bedeutung in finanzieller und gesellschaftlicher Hinsicht hat der dbb mit seinen Landesbünden die Besoldungsgesetzgeber im Bund und in den Ländern am 8. Januar 2021 aufgefordert, die Verfassungsvorgaben für die Vergangenheit umgehend zu erfüllen und für die Zukunft die Unterstützung bei der zwingenden Neugestaltung angeboten.
Ein Auslöser für diese konzertierte Aktion ist, dass unsere Verfassung überall in Deutschland gilt und es nicht sein kann, dass bei Beamtinnen und Beamten, die täglich ihren Dienst verrichten, der Abstand von den staatlichen Leistungen zur Grundsiche-rung nicht eingehalten wird. Ein weiterer der Wille, auf der Basis von einheitlichen Grundlagen mit allen Ländern und dem Bund einheitliche, tragfähige und zukunftsfähige Regelungen zu erarbeiten.
Zu beachten ist dabei, dass die Frage des Mindestmaßes und der Ausgestaltung der verfassungskonformen Besoldung äußerst komplex, schwierig und von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig ist, weil seit demJahr 2006 die Besoldung im Bund und in den Ländern jeweils unterschiedlich gestaltet ist und es in den 17 verschiedenen Rechtskreisen eine Vielzahl von unterschiedlichsten Regelungen gibt. Dies wird unterschiedlichste Regelungen in Bund und Ländern für die Vergangenheit zur Heilung der rechtswidrigen Unteralimentierung mit sich bringen.
Für die Zukunft sind Lösungen anzustreben, die ein Mindestmaß an Grundeinheitlichkeit in der Besoldung der Beamten sicherstellen.
Auch die jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten „Grundbesoldung" in Berlin sowie zur Unteralimentierung "kinderreicher Beamtenfamilien*' in Nordrhein-Westfalen (vgl. dazu dbb magazin, Ausgabe September 2020, Seite 16) zeigen, dass unabwendbare Handlungsnotwendigkeiten bestehen, weil die Besoldung für die mehr als 1,8 Millionen Beamtinnen und Beamten in der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Mindestalimentation und im Bereich der Alimentation für Familien in weiten Teilen verfassungswidrig zu niedrig ist. Für die Vergangenheit stehen deshalb Hunderttausenden von Beamten Nachzahlungsansprüche zu. Für die Zukunft müssen spätestens ab Mitte des Jahres 2021 verfassungskonforme Regelungen getroffen werden.